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Presseartikel "Fledermaus flattert erneuert im Opernhaus"

"Fledermaus" flattert erneuert im Opernhaus

Welche Freude, wenn ein ambitionierter, kühner Plan so beglückend in Erfüllung geht wie die Rettung der "Fledermaus", jener 36-jährigen Kult-Inszenierung, der wegen maroder Kulissen das Aus drohte! Aber da ging - wieder einmal - ein Ruck durch die Musikstadt Mannheim, die diesen Titel nun wahrlich nicht nur der Rock-Pop-Szene verdankt. Geben wir es ruhig zu, dass am Anfang des Rettungsplans die Visionen einer mutigen Frau standen, der (damals noch) kommissarischen Präsidentin des Mannheimer Richard-Wagner-Verbandes Monika Kulczinski. Sie erinnerte sich mit Schrecken an die Absetzung der geliebten Mannheimer "Meistersinger" (aus dem gleichen Grund) und daran, dass deren sicherlich sündteure Neuinszenierung sich mangels Akzeptanz nicht auf dem Spielplan halten konnte. Das, so Kulczinski, sollte nicht nochmal passieren, weshalb sie dem Nationaltheater finanzielle und ideelle Hilfe anbot. Eine gut organisierte Spendenaktion, ein moderater Preisaufschlag auf die im Nu ausverkaufte Wiederaufnahme-Gala, und nach erstaunlich kurzer Zeit stand die Aktion auf sicheren Füßen.

Schon lange vor Vorstellungsbeginn brodelte das Foyer. Als Ehrengast wurde Friedrich Meyer-Oertel begrüßt, der in den Siebzigern denkwürdige Inszenierungen auf die Mannheimer Opernbühne brachte, neben dieser "Fledermaus" etwa die reaktivierte "Bohème", oder solche, von denen noch immer mit Hochachtung gesprochen wird ("Ring des Nibelungen", "Moses und Aron").

Dann also der heftig beklatschte Auftritt des stellvertretenden Generalmusikdirektors Alois Seidlmeier, der am Pult des glänzend aufgelegten Nationaltheaterorchesters mit der geistreichen Ouvertüre sogleich ein Brillantfeuerwerk zündete. Als der Vorhang sich zum eleganten Salon der Eisensteins öffnete, brandete spontaner Beifall auf. Mit hörbarem Vergnügen folgte das Publikum den geschliffenen Dialogen des moralisch gefährdeten Ehepaars Rosalinde (Astrid Kessler) und Gabriel (Uwe Eikötter) mit Kammerzofe Adele (Vera-Lotte Böcker) und dem rachsüchtigen Dr. Falke (Nikola Diskic) mit dem Advokaten Dr. Blind (Raphael Wittmer), zu denen sich später noch der liebeshungrige Tenor Alfred (Andreas Hermann) und der Gefängnisdirektor Frank (Thomas Jesatko) gesellten. Und schon im ersten turbulenten Akt war abzusehen, dass da eine Traumbesetzung sang und agierte.

Zu den Klängen des "Meistersinger"-Vorspiels traten Monika Kulczinski und Opernintendant Klaus-Peter Kehr ins Rampenlicht. Kehr: "Wo hat es das je gegeben, dass Wagner Strauß unterstützt?" und "Aus eigener Kraft hätten wir das nie geschafft!" Monika Kulczinski betonte, dass Wagner in Johann Strauß den "musikalischsten Schädel" gesehen habe, und dankte - immer wieder von Beifall unterbrochen - Spendern und Sponsoren und den Werkstätten, die Unglaubliches geleistet hätten. Statt eines profanen Schecks überreichte sie eine Papier-Fledermaus mit dem Aufdruck 27 000 Euro. Kehr dankte, diese Aktion sei "ein Alleinstellungsmerkmal für Mannheim".

Ein Aufschrei der Begeisterung, als sich der Vorhang zu Prinz Orlofskys prachtvollem Ballsaal öffnete. In der Hosenrolle des Prinzen zog dann Dorottya Láng die Fäden, mit schönem Mezzo, auch wenn sie noch ein wenig androgyner, verruchter, dekadenter sein dürfte. Eine wilde Maskerade - Rosalinde als ungarische Gräfin, Gabriel als Marquis Renard, Frank als Chevalier Chagrin, Adele als Künstlerin Olga mit Schwester Ida (Rica Westenberger) -, die in der Verbrüderungsorgie "Brüderlein und Schwesterlein" gipfelte, und dazu eine Fülle köstlicher musikalischer Leckerbissen.

Schließlich trafen sich alle Protagonisten zur Lösung ihrer Probleme im erlesen schäbigen Gefängnis, in dem der skurrile Thomas Peters als Aufseher Frosch für Lachsalven sorgte. Adele brillierte noch einmal mit "Spiel ich die Unschuld vom Lande", nachdem sie schon im zweiten Akt dem rassigen Csárdás der Rosalinde mit "Mein Herr Marquis!" Paroli bot. In den festspielwürdigen Schlussapplaus wurden zu Recht Dirigent und Orchester und der spielfreudige Chor mit einbezogen.

(Waltraud Brunst / Mannheimer Morgen, 29.12.2014)

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