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Presseartikel der Rheinpfalz zum Liederabend am 14. Februar 2022

Hugo Wolfs „Italienisches Liederbuch“ im Nationaltheater

Es muss nicht immer Wagner sein: Das jüngste Konzert des Richard-Wagner-Verbands Mannheim-Kurpfalz präsentierte mit dem „Italienischen Liederbuch“ Musik von Hugo Wolf. Interpretiert wurde der Zyklus von der Sopranistin Nikola Hillebrand, einst am Nationaltheater engagiert und mittlerweile an der Semperoper in Dresden, und dem Bariton Nikola Diskic, der Ensemblemitglied am Mannheimer Haus ist. Die beiden wurden begleitet von Marcelo Amaral.

Anders als die Freunde von Bayreuth, die maßgeblich an der Finanzierung der Richard-Wagner-Festspiele auf dem Grünen Hügel beteiligt sind, sorgen die internationalen Wagner-Verbände dafür, dass die Musik des Meisters auch vor Ort präsent bleibt. Sie organisieren Konzerte und Vorträge, verstehen sich gleichzeitig aber auch als Mäzene, die Stipendiaten dabei unterstützen, an den Festspielen teilnehmen zu können. Zugleich helfen sie auch ihren Mitgliedern, wenn es darum geht, die begehrten Tickets für den Grünen Hügel zu ergattern. Der Mannheimer Richard-Wagner-Verband ist einer der ältesten und zugleich mit rund 600 Mitgliedern auch einer der größten. An seiner Spitze steht Monika Kulczinski. Die konnte bei dem Benefizkonzert, dessen Erlös der Mannheimer Neuproduktion von Wagners Oper „Der fliegende Holländer“ zugute kommen wird, in Achim Weizel ein neues Ehrenmitglied begrüßen. Weizel war lange Jahre Vorsitzender der Freunde und Förderer des Nationaltheaters.

Hugo Wolf (1860 – 1903) hat in seinem Liedschaffen das vollendet, was in der Musikgeschichte spätestens mit Franz Schubert begann: das romantische Kunstlied. Aber anders als seine Zeitgenossen Gustav Mahler und Richard Strauss wagte Wolf sich weiter vor, reizte formal und harmonisch die Grenzen hin zur Moderne aus. Seine Lieder sind meist von einer extremen Prägnanz, sie sind kurze bis kürzeste Miniaturen, emotionale Mikrokosmen, in denen mit sparsamen Mitteln alles über das Leben, die Liebe und den Tod gesagt wird. Das gilt auch für sein „Italienisches Liederbuch“ .

Die 46 Lieder gehen zurück auf den gleichnamigen Gedichtzyklus von Paul Heyse, in dem dieser italienische Liebes- und Tanzgedichte ins Deutsche übertragen hat. Wolf arbeitete in mehreren Schüben in den 1890er Jahren an den Kompositionen, die nie als geschlossener Zyklus vorgesehen waren. Wir begeben uns, um es mit Goethe zu sagen, mit diesen lyrischen Miniaturen, die zu musikalischen wurden, in das „Land, wo die Zitronen blühen“. Man könnte auch sagen: in das Land der Liebe. Denn um die und eigentlich nur um die in all ihren Ausprägungen geht es in den Liedern, die abwechselnd von Männer- und Frauenstimme gesungen werden, ohne dass Wolf das dezidiert festgelegt hätte. Es geht um die leidenschaftliche Liebe ebenso wie um die verzweifelte Enttäuschung und um die Eifersucht, die in dem lyrischen Ich kocht und brodelt. Es geht sehr dezent um Freizügigkeit und Erotik. Also im Grunde genau das richtige Repertoire für ein Konzert am Valentinstag.

Nikola Hillebrand und Nikola Diskić haben zusammen mit ihrem Begleiter Marcelo Amaral die Reihenfolge der Lieder so verändert, das fast so etwas wie eine dramatische Handlung herauszulesen war. Zudem interagierten sie auf der Bühne miteinander, himmelten sich an, gifteten sich an, waren ebenso schwer verliebt wie bitter enttäuscht. Aus dem „Italienischen Liederbuch“ wurden so ganz unvermittelt Szenen einer Ehe – mit all den Höhen und Tiefen, die es in einer Partnerschaft nun einmal zu durchleben gilt.

Es war vor allem Nikola Hillebrand, die nicht nur mit ihrer Mimik und Gestik, sondern eben auch mit ihrer Stimme Wandlungsfähigkeit bewies. Sie konnte sie flirrend verführerisch klingen lassen, dann schnippisch abweisend oder gar zitternd empört über die Untreue des Partners. Die stets verständliche Sopranistin setzte zudem ganz unterschiedliche Stimmfarben ein und demonstrierte uns auch so die Liebe in all ihren Facetten. Dagegen wirkte der Bariton von Nikola Diskić fast schon etwas monochrom und nur selten flexibel – auch in der Zugabe, dem Duett „La ci darem la mano“ aus Mozarts „Don Giovanni“.

(Frank Pommer / Die Rheinpfalz 15.02.2022

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