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Presseartikel des Online-Merker zum Liederabend am 14. Februar 2022

Mannheim / Nationaltheater: „BENEFIZKONZERT ZUM VALENTINSTAG“  14.02.2022

In Koproduktion mit dem Richard-Wagner-Verband Mannheim-Kurpfalz e.V. servierte das Nationaltheater einen Benefiz-Liederabend mit der Sopranistin Nikola Hillebrand dem ehemaligen Ensemble-Mitglied, nun an der Semperoper Dresden engagiert sowie dem Bariton Nikola Diskic, dessen Erlös der RWV der Neuproduktion „Der Fliegende Holländer“ (Richard Wagner) spendet und sponserte bereits zuvor die Mittel fürs Bühnenbild. Die Premiere wurde vom 12.02. auf den 24.04.2022 verschoben.

Auf dem Programm des heutigen Abends stand das „Italienische Liederbuch“ von Hugo Wolf. Auch kleine Dinge können uns entzücken lautet eine Verszeile im Zyklus, von wegen kleine Dinge,  gaben sich schließlich zwei hervorragende Künstler die Ehre und interpretierten diese Lieder auf ganz exemplarische Weise.

Das „Italienische Liederbuch“ erscheint zunächst als reiz- wie kunstvolles bittersüßes Liederspiel quasi die Liebe erlebt, erlitten, variiert. Somit streifen die meisterhaften Übertragungen italienischer Volkspoesie durch die Gedichte von Paul Heyse so auch leicht biographisch das private Liebensleben des Komponisten. Von der venerischen Infektion als Siebzehnjähriger bis zum Tode hatte Wolf eine lange Reihe Facetten der Liebe und des Schmerzes in seinem kurzen Leben durchlebt. Der Liederzyklus entstand gleich eines musikalischen Psychogramms während drei Stadien seines ereignisreichen Komponisten-Lebens.

Nun widmeten sich Nikola Hillebrand und Nikola Diskic der Miniaturen-Sammlung von 46 Liedern auf höchst dialektische Weise, verliehen ihnen die Aura eines spezifischen Evenements besonderer Art. Sinngemäß der jeweiligen Phasen, dem „Liebensleben“ des inhaltlichen Paares dramaturgisch angeglichen erklangen die Verse authentisch vorgetragen und zudem gestisch darstellerisch vortrefflich interpretiert in zwei Abschnitten legitim von einer kurzen Pause unterbrochen.

Natürlich kann man nicht alle Preziosen einzeln beschreiben, somit werde ich mich auf wenige besonders markante Auszüge beschränken. Warm mild, silberhell strahlend, herrlich im Timbre, betörend in den Lyrismen, wunderschön im Piani, gefasst in dramatischen Bereichen erschien mir die Stimme von Nikola Hillebrand. Jugendlich, mit heldischen Attributen versehen, in kraftvoll leuchtenden Tönen, aber nicht weniger intensiv, wenn es gilt sich zu reduzieren, den Schatten von Trauer, Einsamkeit und Not in Klangfarben zu fassen, so präsentierte Nikola Diskic seine vokalen Facetten. Als großartigen Partner erlebte man Marcela Amaral, der versierte Pianist gab beiden Sängern den exzellenten klangvollen Rahmen und setzte schönste Akzente in herrlichen Nachklang-Intermezzi der Liedminiaturen.

Nikola Hillebrands Sopran hat in seiner natürlichen Entwicklung das ursprüngliche Koloraturfach schier verlassen, die strahlende glockenhelle Stimme tendierte inzwischen zu gefestigter Mittellage in leicht jugendlich-dramatische Gefilde voll sinnlicher Wärme. Dem Wolf´schen Kosmos begegnete die charmante Sängerin mit einer Palette hinreißender vokaler Couleurs mal naiv, zuweilen frech kokett, mal verführerisch, mal gebrochen traurig. Wie selbstverständlich verband Hillebrand kapriziöse mädchenhafte Anmut mit herb-ernstem Pathos. Somit erhielten die Verse Man sagt mir, deine Mutter wolle es nicht – Gesegnet sei das Grün – Mein Liebster ist so klein – besonders intensive emotionelle Farbnuancen. Ja und wie meist im realen Leben hat unsere holde Weiblichkeit das letzte Wort, Hillebrand kündete final: Ich hab´ in Penna einen Liebsten wohnen und ER zog gekränkt von dannen.

Zum allgemeinen Amüsement passierte sodann ein kleines Malheur, der Pianist fand im Notenblätterwald nicht den Anschluss, suchte, suchte und wurde schließlich draußen außerhalb der Bühne fündig – that is live! Marcelo Amaral eilte bereits der Ruf voraus ein international gefragter Klavierpartner bei Recitals und Konzerten zu sein. Nun muss ich gestehen der hervorragende Klaviervirtuose begegnete mir erstmals und faszinierte mit seinem exzellenten Spiel die Zuhörerschaft wie mich gleichermaßen. Wie Perlen auf der Schnur glitzerten die pianistischen Kaskaden in instrumentaler Perfektion, beeindruckend das lodernde Feuer sowie die filigran feinnervigen Anschläge seiner großartigen Interpretation.

In überwältigender Vokalise bot Nikola Diskic seiner reizenden Partnerin Paroli im „Liebesduell“, brachte seinen kernigen, aber gleichwohl samtigen Schmelz gebietenden Bariton ins abenteuerliche Spiel mit ein. Galant nachsichtig, schelmisch, leicht ironisch parierte der erfahrene Liedinterpret im baritonal-herzhaften Ausdrucks- und Farbenspiel der Tongebungen zu hervorragender Artikulation dem holden weiblichen Sentiment. In prächtig belkantesken Nuancen erklangen Nun lass uns Frieden schließen – melancholische Varianten schenkte Diskic Sterb ich, so hüllt in Blumen meine Glieder – ein Kabinettstück vokaler Raffinesse servierte der Sänger, stets mit dem Schalk im Nacken bei Geselle, woll´n wir uns in Kutten hüllen oder konträr in männlich-herbem Aufbegehren in Kombination von fein-sinnlichem Pianissimo Benedeit die sel´ge Mutter und offenbarte wiederum sein grandioses Wandlungstalent.

Mitglieder wie Gäste des RWV waren begeistert, spendeten reichlich Beifall und wurden mit dem Don Giovanni-Duett Lá ci darem la mano von W. A. Mozart bedankt.

(Gerhard Hoffmann / Online-Merker vom 15.02.2022)

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