Interview mit Monika Kulczinski vom 06.06.2024
„Mannheim ist Klein-Bayreuth“
Am Sonntag (9. Juni) ist es so weit: „Wagner trifft auf Verdi“, geplant ist in der Mannheimer Christuskirche eine Gala des hiesigen Wagner-Verbandes in Kooperation mit dem Nationaltheater, das spielt, singt, dirigiert und moderiert – Anlass für ein Gespräch mit dessen Ersten Vorsitzenden Monika Kulczinski.
Frau Kulczinski, wie geht es Ihrem Wagnerverband?
Monika Kulczinski: Sehr gut. Er blüht und gedeiht. Ich bin sehr zufrieden und freue mich über jedes Mitglied. Es ist ein Geschenk für mich. Wir haben viel zu tun und machen viele Konzerte und Gespräche. Die Mitglieder sind zufrieden.
Sie sprechen jetzt immer von „wir“. Von außen hat man den Eindruck, dass Sie alles selbst machen.
Kulczinski: Das stimmt nicht. Ich beziehe meinen Vorstand immer mit ein. Ich frage alles. Ich bespreche alles. Ich entscheide nichts allein. Ich habe Ideen, schlage sie vor und freue mich, wenn ich sie umsetzen kann. Es passiert aber auch, dass ich Widerstand habe. Aber wir finden immer einen Weg, denn miteinander sprechen ist wichtig. Ich bin dankbar für einen so guten Vorstand.
Was macht der Nachwuchs? Haben Sie neue und junge Fans?
Kulczinski: Ja, aber leider noch lange nicht genug. Da sind wir jetzt dabei. Es geht auch darum, die richtige Kommunikation zu entwickeln, um junge Menschen anzusprechen und eine Antwort auf die Frage zu finden – wie machen wir uns als Verein gerade auch für sie attraktiv? Wir freuen uns natürlich enorm über jedes neue Mitglied – ob jünger oder älter. Unsere Veranstaltungen sind hier wichtig: Wem es gefällt, der kommt wieder. Aber natürlich: Es wird schwierig und wir haben tatsächlich sehr wenig junge Leute. Mannheim ist eben nicht Bayreuth. Dort trifft sich die Welt. Mannheim ist allenfalls ein Klein-Bayreuth aber mit einem weltbekannten „Parsifal“.
Dafür läuft es ja mit den Älteren gut. Sie machen mittlerweile regelmäßig Veranstaltungen mit der Oper des Nationaltheaters Mannheim – demnächst einen Verdi-Wagner-Abend: Wie kommt das?
Kulczinski: Wir arbeiten sehr gern und erfolgreich mit dem Nationaltheater zusammen, weil ich persönlich es schon immer geliebt habe. Ich bin mit acht Jahren zum ersten Mal hingegangen und habe mit meiner Mutter „Traviata“ gesehen. Nun arbeite ich seit 50 Jahren im Ehrenamt, und als ich Vorsitzende wurde, habe ich mich entschieden, ganz eng mit dem Theater zusammenzuarbeiten. Ich weiß heute, dass das die richtige Entscheidung war. Ich habe immer Hilfe bekommen und viel gelernt.
Auf der Website Ihres Verbands findet man kaum Informationen dazu, Herr Puhlmann führt durch den Abend, Orchester, Solisten und Dirigent kommen vom Nationaltheater: Wie viel Wagnerverband steckt in dem Abend?
Kulczinski: Viel. Wir haben ja viel getan, es ist nicht so, dass wir die Hände in den Schoß legen und warten, dass die Leute kommen. Wir haben einen riesigen Mitglieder- und Freundeskreis. Wir werben, informieren und planen das Konzert gemeinsam mit dem NTM. Was mir allerdings sehr leidtut: Es gibt viele musikbegeisterte Menschen, die wir nicht erreichen können, weil wir sie nicht kennen. Aber: Auch daran arbeiten wir. Die Leute wissen, was wir machen.
Haben Sie keine Angst, dass das am Ende gar nichts aufs Konto des Wagnerverbands einzahlt?
Kulczinski: Ich glaube, dass die Leute begeistert sein werden. Es war in der Vergangenheit auch immer so, dass sie sich nach dem Konzert bei mir melden und sagen: Hören Sie mal, das hat mir sehr gut gefallen, ich möchte bei Ihnen Mitglied werden. Das geht eindeutig auf unser Konto.
Ich habe auch schon Stimmen gehört von Leuten, die sich fragen, warum Opernintendant Albrecht Puhlmann Briefe des Wagner-Verbands unterzeichnet. Was entgegnen Sie denen?
Kulczinski: Ich frage einfach zurück: Was stört Sie daran? Es ist ja eine Kooperation zu gleichen Teilen und kein Konzert des Wagner-Verbandes allein. Jeder von uns gibt sein Bestes. Warum sollte ich ihn als Opernintendanten nicht unterschreiben lassen. Das sehe ich nicht ein. Es ist eine gemeinsame Einladung.
Es sind ja Briefe des Verbandes.
Kulczinski: Nicht nur, es sind Briefe zweier Kooperationspartner, oder soll ich denn zwei Briefe schreiben? Ich finde das so in Ordnung.
Ist Herr Puhlmann Mitglied?
Kulczinski: Natürlich. Auch Sie können sofort Mitglied werden, ich werbe Sie an (lacht).
Das ist ein anderes Thema. Nun findet ja auch schon wieder ein großes Ereignis statt: Verdi und Wagner werden in der Christuskirche gespielt. Warum dieses Treffen der Operngiganten des 19. Jahrhunderts?
Kulczinski: Wir finden das gut. Wir haben vom Vorstand aus Vorschläge gemacht und das mit dem Theater abgestimmt. Beide Partner sind mit dem Programm sehr zufrieden. Da wird natürlich auch geschaut, was die Solisten im Repertoire haben.
Und was wollten Sie unbedingt haben – sicherlich das Vorspiel zu den „Meistersingern“, oder?
Kulczinski: Natürlich, aber „Traviata“ mit „È strano“ war mir auch eine Herzensangelegenheit. Also das ist schon ein Abend mit lauter Highlights, da kann man nicht abschalten. Ich freue mich total und bin sicher, dass die Leute begeistert sein werden. Gerade hat mir eine Frau gesagt, sie hat gleich zehn Karten gekauft. Das ist doch toll. Ich freue mich so über den Erfolg.
(Stefan M. Dettlinger / Mannheimer Morgen 06.06.2024)